… und warum es den „Frühen Vogel“ gibt!
Lange Zeit waren Wer-zuerst-kommt-mahlt-zuerst-Entscheidung und ich ein wirklich gutes Paar mit gemeinsamem Sorgerecht für meinen Terminkalender. Aber dann gab es auf einmal viel zu viele Date-Optionen: Freunde, Familie, leidige Aufgaben und Pfadfinder zerrten am ohnehin schon überquellenden Terminkalender. Ich machte so meine Erfahrungen: Die tollsten Aktionen entstanden spontan, die beste Planung wurde im letzten Moment umgeworfen…dann war irgendwann Schluss. Ich gab der langfristigen Planung den Laufpass, um mich mit der attraktiven Last-Minute-Entscheidung einzulassen. Last-Minute-Entscheidung umgarnte mich mit traumhafter Möglichkeitsvielfalt, aufregender Spontaneität und Stilsicherheit bei der Wahl der besten Kombination von toller Aktion und netten teilnehmenden Leuten. Wir hatten eine heftige, rasante Zeit und ich dachte, ich wäre endlich am Ziel!
Doch selbst bei Last-Minute-Entscheidung musste die Rosa-Rote-Brille einmal weichen. Wage ich mit klarer Sicht einen Blick muss ich mir eingestehen: Last-Minute-Entscheidung ist eine ganz schöne Diva!
Punkt eins: Sie suggeriert mir ständig, ich müsse mich für die tollste, beste, wichtigste Aktion, Termin, Einladung,… aufsparen. Nach dem aushungernden Aufsparen ist der Anspruch aber unerfüllbar hoch, nicht selten saß ich mit dem faden Gefühl da, mich letztendlich doch für die Nummer 2 aufgespart zu haben.
Punkt zwei: Sie ist es, die mich überhaupt erst in die Verlegenheit bringt, mich zwischen mehreren Dates zu entscheiden. Wäre sie nicht, würde ich gar nicht erst auf Optionen-Sammlung gehen. Die gute Wer-zuerst-kommt-malt-zuerst-Entscheidung dagegen war in Situationen des Zweifelns immer ein Sicherheit gebender Fels in der Brandung.
Punkt drei: Sie zwingt mich Absprachen die sonst berechtigter Weise einige Tage oder Wochen in Anspruch nehmen innerhalb einiger Stunden zu Stande zu bringen. Dabei wirkt sie wie ein Katalysator: der Stress, den dieser Zeitraffer für mich und meine Freizeitplanung bedeutet wird direkt umgewandelt in Stress, Genervtheit und Unmut für alle potentiellen Aktionspartner. Schließlich ist meine Zu- oder Absage an Last-Minute-Entscheidung vergeben. Besitzergreifend schirmt sie mich gegen den Terminkalender und die Planungssicherheit der anderen ab.
Punkt vier: Vordergründig wartet sie mit der Verheißung auf, ein Date mit den coolsten Leuten zu haben. Mit ihrer Spritzigkeit und Spontaneität kommt sie auf jeder Party, auf der sie neu auftaucht super an. Nach längerer Liaison mit ihr, beäugen die Freunde sie nun jedoch sehr kritisch. Neulich musste ich feststellen, dass ich für wirklich nette Dates gar nicht mehr angerufen wurde – weil wenn DIE dabei ist, ist sowieso nicht mit mir zu rechnen oder nur in total abgehetzter Verfassung.
Fazit: Last-Minute-Entscheidung? False Friend!
Und so beginne ich der guten alten Wer-zuerst-kommt-mahlt-zuerst nachzutrauern. Wo ist sie hin, die Zeit der Planungssicherheit für mich und meine Freunde, Verwandten, Kollegen und Veranstalter? Wo ist sie hin, die Vorfreude und genüssliche Planung von Fahrgemeinschaften ohne Herzrasen, weil die Aktion in 2 Stunden bereits beginnt? Und wo ist sie hin, die abenteuerlustige Offenheit gegenüber einem unbekannten Teilnehmerkreis?
Zeit für einen Neuanfang! Und weil sich Altes schlecht aufwärmen lässt, habe ich mich auf die Suche begeben und auch gleicht jemanden kennen gelernt: Der „Frühe Vogel“. Zur nächsten StuKo und zum Lebensweltentag hat er mich schon eingeladen. Er meint, wenn ich mit ihm hingehe kann er mir vielleicht was Besonderes organisieren, wenn ich Glück habe. Nächstes Mal mit dem Frühen-Vogel entscheiden – warum eigentlich nicht?
Text aus „fisi ma tente – 3/2013“ von Steffi Schultheis und Uta Peschel
Kurz und Knapp: Wer sich in der „Frühen Vogel Zeit“ anmeldet, nimmt an einer Auslosung teil und fängt vielleicht den Wurm :-).