(aus: Schlaglichter Nr.46/00)
denk ich an Geld auf dunklen Pfaden!
Geht es Euch auch so liebe Leser, ich kann es nicht mehr hören! Schon seit Monaten jeden Tag einige Enthüllungen mehr über Parteien und deren Politiker. Scheibchenweise wird zugegeben, was die Medien zuvor herausfanden:
Von Auslandskonten und Auslandsflügen
Da kassierte ein amtierender Bundeskanzler und Parteivorsitzender jahrelang Geld von reichen Bürgern oder deren Kofferträgern, bar, und vorbei an Gesetzen und Parteigremien, um es ebenso unkontrolliert wieder an „Bedürftige“ in seiner Partei gönnerhaft zu verteilen. Andere Politiker schafften Geld, wiederum vorbei an Gesetzen und Parteikontrolle, ins Ausland, um sich genauso diskret wieder aus den Auslandstöpfen bedienen zu können. Wiederum andere waren so selbstbedienerich, dass sie sich Reisen, Flüge und sogar ihre eigene Hochzeit sponsern ließen und in Nordrhein-Westfalen gehörte es zum „guten Ton“ eines verheirateten Ministers, auf „Dienstreisen“seine Freundin mitzunehmen, natürlich nicht auf eigene Kosten. Kohl, Kanther, Glogowski und Schleußer sind nur einige der ehrenwerten Gesellschaft ach so „rechtschaffender“ Politikgrößen. Es widert mich an, wenn ich an deren Kofferträgereien oder Fliegereien denke und wenn ich mich gleichzeitig an ihre Sprüche von „sozialer Gerechtigkeit“ und „geistig moralischer Wende“ erinnere. Und während die „Täter“ immer noch Mitglied ihrer Parteien sind, obwohl sie ihnen doch so geschadet haben, keinen Pfennig Wiedergutmachung leisten müssen, ja noch nicht einmal, wie im Falle der CDU, zur Aussage gezwungen werden, verfängt sich der heutige Parteivorsitzende Schäuble in Widersprüche und Unwahrheiten. Ministerpräsident Koch in Hessen lügt vorsätzlich, teilt dies dann mit und glaubt auch noch, er wäre deshalb besonders glaubwürdig.
Lieber eine Soap!
Ortswechsel!
Bolivien! Auf meinen Reisen in diesem Land war ich oft mit Korruption und einem korrupten politischen System in Berührung gekommen. In Entwicklungsländern ist dies normal heißt es, da fördern Armut und soziale Ungerechtigkeit eine korrupte Verwaltung und Politik.
Zurück nach Deutschland!
Aber Deutschland ist nicht arm und auch immer noch ein Rechtsstaat. Dennoch scheint es, als ob Geld und die persönliche Bereicherung vielen Politikern und Parteien wichtiger ist als ihr Einsatz zum Wohl des Volkes. Warum nur? In die eigene Tasche hat Kohl wohl nichts gesteckt, aber dennoch Geld illegal angenommen! Bleibt die Erklärung mit der Gier nacht Macht. Je mehr Macht jemand hat, desto mehr hängt er an ihr, kann er nicht von ihr ablassen, denkt er nur noch das Gefühl mächtig zu sein. Hinzu kommt, dass ein Politiker mit viel Macht interessant ist für die, die mit Geld auf die Politik Einfluss nehmen wollen. Aus Sicht des Volkes ist ein auf solche Art und Weise beeinflussbarer Politiker gefährlich, denn er missbraucht seine Macht gegen das Volk. Helmut Kohl hat man immer einen hervorragenden Machtinstinkt nachgesagt, den hatte er wohl. Er hat in den Jahren seiner Regierungspolitik in perfekter Weise seine Macht dadurch ausgebaut, dass er vorbei an innerparteilichen und staatlichen Kontrollen, gezielt „Wohltaten“ mit schwarzen Geldern verbringen konnte, die ihn zum unumschränkten Herrscher in seiner Partei und mehrmals zum Bundeskanzler machten. Die staatliche Kontrolle, die der Wähler und die seiner Partei, hat versagt!
Politik und SCHLAGLICHTER?
Aber was hat dies mit der DPSG zu tun, warum nun auch noch dieses Thema in den SCHLAGLICHTERN. Als Jugendverband haben wir weder nennenswerte Macht, geschweige denn Geld auf Auslandskonten (soweit ich darüber informiert bin). Und dennoch gehen uns diese schmierigen Geldbewegungen etwas an, denn niemand denkt schon in der Wiege an Geldkoffer und Macht. Ein Helmut Kohl, ein Kanther und ein Weihrauch, und wer da noch ist, sind im Laufe ihrer persönlichen Geschichte so geworden, wie sie heute sind. Ihre heutigen Wertvorstellungen sind ihnen anerzogen, sozialisiert worden oder im Laufe ihrer Lebensgeschichte von ihnen als für gut befunden, angenommen worden.
Zeichen setzen – Wertorientierung in der DPSG
Und damit kommen wir als Verband mit „eigenständigem Erziehungsauftrag“ ins Spiel. Nein, nein, wir haben bei den in der Kritik stehenden Politikern nichts in der Erziehung vermasselt, aber auch wir erziehen Kinder und junge Menschen in unserer Gruppenarbeit. Im letzten Leiterkongress 1999 haben wir uns lange darüber ausgetauscht, für welche Erziehungsziele unser Verband steht. Selbstsucht und Machtgier stehen da nicht auf dem Programm, aber Demokratieverständnis, Wahrhaftigkeit und selbstverantwortliches Handeln gehören dazu. Somit können und müssen wir uns angesichts der Skandale in der Politik fragen, was wir als DPSG dazu beitragen können, dass junge Menschen mündige und kritische Bürger werden. Bürger, die demokratische Spielregeln achten und sich an Werten orientieren, die in ihnen ein gesundes Misstrauen gegenüber allzu großer Macht anderer wachsen lässt.
Einübungsfeld „Demokratie im Verband“
Nicht ohne Grund regeln wir innerverbandliche Dinge auf demokratischem Weg, müssen Vorstände die Kassenführung offenlegen und dürfen auch schon Wölflinge in Versammlungen mitbestimmen. Doch allzu oft werden diese Spielregel, genannt Satzung, als bürokratische Last empfunden und umgangen, allzu oft werden mangels besetzter Ämter gleich alle Anwesenden zu Stimmberechtigten erklärt und somit Zufallsmehrheiten ermöglicht. Wie oft unterbleibt die Suche nach Kandidaten schon dann, wenn der Amtsinhaber wieder kandidiert oder ein Kandidat gefunden wurde? Eine echte Wahl erlebt man selten, Hauptsache einer macht es. auch wenn er schon mehr als 14 Jahre im Amt ist. Im ehrenamtlichen Bereich kommt man heute leichter zu „Macht“ als zu Ehren. Bedenklich, auch wenn es nicht um Millionen in Liechtenstein oder in diversen Koffern geht. Denn es entsteht bei jungen Menschen schon schnell die Erfahrung, dass praktische Überlegungen (keine lange Suche nach Kandidaten, weniger formales Vorgehen, keine Protokollführung, wer bereit ist zu kandidieren ist deshalb auch der Richtige, … usw.) die Umgehung demokratischer Spielregeln erlaubt. Demokratie und somit Machtkontrolle wird so unter persönlich, praktischen Gesichtspunkten relativiert. Damit ist der Grundstein gelegt, Demokratie unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Nutzens und des eigenen Willens zu betrachten. Im Laufe des Lebens wird dann mit der Häufigkeit solcher Erfahrungen der persönliche Nutzen die Maxime des Handelns. Fatal, wenn aus einem so denkenden Menschen dann auch noch ein Politiker wird, ausgestattet mit unvergleichbar viel Macht..
Falsche Vorbilder – Betrug bleibt Betrug
Ein anderes Beispiel. In der CDU Spendenaffäre wurde Geld, gegen alle Gesetze verschwiegen, falsch deklariert und heimlich in bar auf Seite geschafft.
Lasst euch davon nicht beeindrucken, das ist nicht clever, das ist Betrug oder gar mehr. Und Betrug bleibt Betrug, auch wenn es nur um 25 DM Zuschuss in der Jugendarbeit geht. Sicherlich, es fällt schwer den Sinn korrekt ausgefüllter Zuschussanträge einzusehen, wenn man sieht, wie Politiker nach vielem Hin und Her endlich Betrug und Lügen eingestehen und dann noch glauben, aufgrund dieser Form von „Ehrlichkeit unter Druck“ seien sie erst recht wählbar, wie in Hessen mit Herrn Koch geschehen. Wer als GruppenleiterIn wegen 25 DM mehr an Zuschüssen lügt und erlebt, dass dies funktioniert und für clever gehalten wird, der lügt später auch, wenn es um viel mehr geht. Gleiches gilt für die Korrektheit von Mitgliederzahlen oder Programme für Zuschussanträge. Ein feuchtfröhliches Wochenende mit der Leiterrunde ist keine Schulung, auch wenn nebenbei über die Stammesarbeit gesprochen wurde. Nehmt euch Kohl, Kanther, Koch und Co. nicht zum Vorbild. Ich sehe hier die eigentliche Gefahr der Spendenaffäre. Die Bürger sind versucht, sich diese Politiker zum Vorbild zu nehmen nach dem Motto: „Wenn die das ungestraft tun können, dann nehme ich mir auch das Recht dazu!
Als neulich wieder einmal neueste Enthüllungen über die Hessen CDU in den Nachrichten kamen, erfuhr ich kurz darauf von dem aufgeflogenen Betrug einer DPSGGruppe bei der Zuschussabrechnung. Ich finde, wir dürfen nicht schon im Verband Unehrlichkeit, Betrug und illegale Finanzierungsmethoden einüben.
Politiker zur Rede stellen
Ladet doch einmal Politiker zu euch in die Stämme ein, diskutiert mit ihnen, sagt ihnen eure Meinung und konfrontiert sie mit eurer Empörung. Lasst euch von ihnen nicht blenden, schon die Wölflinge im Verband lernen „hinter die Dinge zu schauen“. Es wäre schön, wenn die Wölflinge im Laufe ihres Pfadfinderlebens in der DPSG auch lernen, hinter die Politiker zu schauen, damit sie später bei der Stimmabgabe verantwortungsvoll ihre Kreuzchen machen können und damit auch einen Anteil daran haben, die Politik in diesem unserem Lande ein wenig besser zu machen, als sie zu Zeiten Kohls wohl war.
Nicht weghören!
Und damit die Aufklärung und Aufarbeitung der Spendenaffäre nicht nachlässt, höre ich noch immer hin, wenn es wieder Neuigkeiten in Sachen Parteien gibt. Sonst glauben die betroffenen Politiker wieder, wir Wähler würden schon irgendwann nicht mehr hinhören und man könne es wieder nach der alten Kohlschen Taktik „aussitzen“.
Demokratie ist eben nicht immer bequem, aber sie ist die bisher beste Form innerstaatlichen Zusammenlebens. Wir sollten sie uns nicht von Geld in irgendwelchen Koffern aushöhlen lassen.
Christoph Menzel, Bildungsreferent (MdR)