Scoutalipur 1997
Mit nicht ganz so provokativen Fragen befaßten sich die Jungpfadfinderleiterinnen auf ihrem umweltphysikalisch – atmosphärischen Diözesanwochenende, welches vom 29.11. -1.12.1996 in Kirschhausen bei Heppenheim stattfand. Doch bevor sich die Teilnehmerinnen mit dem eigentlichen Thema des ScoutaliPur befassen konnten, mußten sie erst einmal das Schneechaos überwinden. Die Götter hatten uns die Umwelt spüren lassen, indem sie den Schnee reichlich aus der Wolkendecke rieseln ließen. Deshalb warteten auch drei der sechs Teilnehmerinnen länger als angenommen am Bahnhof von Bensheim auf ihren Shuttleservice. Endlich komplett stellten wir fest, daß lediglich sechs Teilnehmerinnen den Weg zu uns gefunden hatten, welche sich sämtlich nicht allzulange davor auch schon auf dem Bezirksjufileiterinnenwo-chenende des Bezirks Rhein-hessen getroffen hatten. Leider fand zum gleichen Zeitpunkt das spirituelle Wochenende der Diözese Mainz statt, welches einige davon abgehalten hatte, am ScoutaliPur teilzunehmen. Nachdem wir alle eingetroffen waren, stellten wir leider fest, daß der Essenstransport in Form von Stephanie sich aufgrund der widrigen Bedingungen nicht zu uns durchschlagen konnte. So hatten wir auch keine Lebensmittel und mußten notgedrungen zu Rosemarie ausweichen. In deren Gaststätte konnten wir uns dank der kurzfristig wieder geöffneten Küche an Schnitzel und „Brot“wurst satt essen. Dieser Begriff sollte uns noch die restlichen Tage verfolgen. Am nächsten Morgen war dann die Dankbarkeit groß, als uns die sehnsüchtig erwartete Stephanie das Frühstück und somit den nicht mehr hungrigen Morgen bescherte.
Ein Blick in die Sterne
Den thematischen Teil begannen wir mit einem Besuch der Heppenheimer Sternwarte. Dort konnten wir zuerst die Teleskope in den Beobachtungsräumen ansehen, um im Anschluß eine diapositive Reise zu den Sternen zu unternehmen. Dort trafen wir unter anderem die Sonne, ihre Korona und an ihr vorbeiziehende Kometen, die im Sonnenwind ihren Schweif entfalteten. Weiter draußen begegneten wir den Pleiaden und Hyaden, um uns an Rigel und der Leier vorbei dem Pferdekopfhebel zu nähern. In der im Anschluß geführten leicht provokativen Diskussion erhitzten sich die Gemüter, um sich dann beim Abstieg nach Heppenheim wieder abzukühlen. Nachdem wir wieder in unserem Pfarrheim angekommen waren und uns mit italienischem Salat und Fleischwurst gestärkt hatten, ging es nachmittags in die erste Diskussionsphase. Anhand der Genesis der Bibel und der allgemein anerkannten Entstehung des Weltalls nach dem Urknall verglichen wir beide Konzepte und stellten fest, daß es sehr große Ähnlichkeiten im Verlauf von beiden Systemen gab. Zuerst entstand die Welt, dann die Erde, gefolgt von den ersten Lebewesen, welche sich im Wasser tummelten, bis zu den Menschen.
Alles ist relativ
Dabei kamen wir auch zur speziellen Relativitätstheorie, nach welcher sich der Raum, in der sich das ganze Universum befindet, ausdehnt. Dabei bleibt die darin enthaltene Energie und Materie gleich, wodurch sich die Galaxien voneinander entfernen: die Urknalltheorie. Dabei ist es uns zwar möglich, zurück bis kurz nach dem Urknall die Geschichte des Universums zu erfassen, aber nicht während des Zeitpunkts, geschweige denn davor. Ebenfalls verblüffend ist die Tatsache, daß die Zeit bei hoher Geschwindigkeit schneller vergeht, als bei Ruhe. Das Resultat ist das Zwillingsparadoxon, in welchem ein Zwilling nach der Rückkehr von einer Reise mit annähernd Lichtgeschwindigkeit, der höchstmöglichen Geschwindigkeit, wesentlich jünger ist, als sein zurückgebliebener Bruder. Dies wurde anhand von zwei synchronisierten Atomuhren nachgewiesen, von denen eine an Ort und Stelle blieb und die andere mit einem Flugzeug einmal um den Globus geflogen wurde. Doch bleibt dies für uns im allgemeinen vernachlässigbar, so daß wir nach unserer Rückkehr von den Malediven nicht auf unsere vergreisten Geschwister stoßen. Im Verlauf der anschließend geführten Diskussion kamen wir wieder zu der Frage nach dem was hinter dem Ganzen steckt, da wir im gekrümmten Raum weder an Grenzen stoßen, noch die Vergangenheit vor dem Urknall ergründen können. Gibt es also doch etwas wie Gott? Nach dem anschließenden Raclette mit vielen leckeren Zutaten saßen wir noch ein wenig zusammen, um den Abend ausklingen zu lassen.
Besinnlichkeit
Da wir am vorangegangenen Nachmittag ausgiebig diskutiert hatten, sollte auch das Spirituelle nicht zu kurz kommen. Wir nahmen am Gottesdienst der zu unserem Pfarrheim gehörigen Gemeinde teil. Dieser war am l. Advent mit Einbeziehung der Kindergottesdienstbesucher sehr schön. Im Anschluß daran diskutierten wir noch ein wenig über die Realität der Dinge. Dabei kamen wir unter anderem zu dem Schluß, daß der Mensch sich von seiner Umwelt, durch seine eingeschränkten Sinne, nur ein Abbild machen kann. Er bildet sich Modelle, welche seinen Erfahrungen entsprechen und paßt diese bei neuen Erkenntnissen an oder wirft sie sogar komplett um. Dies stellt für ihn die Wirklichkeit dar, ohne daß er diese in ihrer Gänze erfassen kann. Wenn er dies könnte, wäre er allwissend, und würde sowohl Vergangenheit, als auch Zukunft kennen. Dann wäre er gottgleich. Dabei bleibt noch die Frage, ob es für ihn dann überhaupt noch eine Gegenwart gäbe? Da uns aber wie an anderen Wochenenden auch, die Zeit davonlief, beendeten wir unsere Diskussion, um uns dem Mittagessen in Form eines leckeren Käse-Kartoffel-Auflaufs zu widmen. Nach der anschließenden Reflexion, bei der wir noch einmal das Fehlen von Leiterinnen aus anderen Bezirken der Diözese bedauerten, verteilten wir uns auf unsere Mitfahrgelegenheiten, welche uns alle nach Hause brachten.
Markus Ott